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Viel Freude mit der "neuen" Mucha wünscht

Barbara Mucha und die Mucha-Administration

Mit Manipulationen den Markt aufmischen

Trolle sind im Internet, in Wikis und Foren, Netzgruppen, Maillisten und Kommentarspalten nicht gerade beliebt. Wobei man natürlich ein bisschen differenzieren muss: Nicht jede Nervensäge ist ein Troll – viel zu oft wird der Begriff auch für Neulinge, Dummköpfe, Querulanten oder einfach Menschen mit unerwünschten Meinungen verwendet. Bedenklicher ist allerdings, dass sich abseits von diesen Auseinandersetzungen Trollmethoden in Bereichen etablieren, in denen man nicht mit ihnen rechnet. Und dort werden sie richtig gefährlich. Gibt es einen Troll-Trend in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft?

 

Dass Regierungen und Wirtschaftsbetriebe sich zwecks Verbesserung ihres Ansehens der Methoden von Forentrollen bedienen, ist eine Entwicklung, die keineswegs auf Nordkorea oder die Brüsseler EU-Apparatschiks beschränkt ist. Sie findet mitten in Österreich statt. Das Bedrückende daran: Es regt niemanden auf! Als beispielsweise Ende 2014 aufflog, dass die Wiener PR-Agentur Modern Mind Marketing in den vergangenen Jahren für Kunden massenweise Jubelbekundungen in Onlineforen gekippt hatte, wofür die ÖVP, die ÖBB, die Bank Austria, die Österreichischen Lotterien (im Eigentum der katholischen Kirche), die Mobilkom Austria, die Pharmafirma Bayer Austria und andere sehr bekannte Kunden hohe Gebühren bezahlt haben, löste dies keinen Sturm der Entrüstung aus, sondern war mit einigen kleinen Meldungen erledigt.

Weder Kunden noch Dienstleister sahen in diesen Methoden ein ethisches Problem. Die Sache wird als „Online-Reputationsmanagement“ schon seit Jahren praktiziert. „So wichtig Social Media Kanäle wie Facebook, Twitter, Instagram für eine Marke sind, Kaufentscheidungen werden weitgehend auf Grund von Meinungen in Foren und auf Bewertungsplattformen getroffen“, heißt es auf der Internetseite der Agentur. „Daher ist es für Ihren Erfolg unumgänglich, Ihren Ruf im Netz zu kennen und zu lenken.“ Zu den Angeboten der Agentur zählen u. a. „Aktives und reaktives Agieren“, „Gezieltes Auslösen von Kommunikation“ und „Ansprache von Multiplikatoren“. Der Agenturchef meinte auf die Frage einer Zeitung, wieso die Bezahlung der Trolle nicht offengelegt werde: „Eine Offenlegung funktioniert nicht, weil einem Firmenvertreter nichts geglaubt wird.“ Vor allem nicht, wenn er lügt.

 

Wenn Firmen trollen

Weit gravierender als die Nichteinhaltung kalter Offenlegungspflichten erscheint aber die Unredlichkeit dieser Art der Öffentlichkeitsarbeit. In einem Klima, in dem jeder Spaßvogel, der mal eine verdeckte Aktion in einem Online-Forum durchführt, um dort beispielsweise die festgefahrenen Meinungen eskalieren zu lassen, dem Troll-Bashing zum Opfer fällt, gehen Unternehmen und Parteien, für die Vertrauenswürdigkeit zum Markenkern gehört, ohne Skrupel dazu über, die Netzöffentlichkeit über ihr Ansehen und ihre Absichten zu täuschen – unterstützt von Marketingzynikern und Computerprogrammen, die auf Wunsch zahllose Facebook-Freunde generieren, als wären es Minions.

Innerhalb der Diskussionsstrukturen im Internet wird Trollerei regelmäßig thematisiert. Kritiker sehen darin destruktive Störung, die sich oft sehr fragwürdiger Methoden bedient. Die Befürworter pochen darauf, dass entwürdigende Beleidigungen auch aus anderen Ecken kommen und dass manche Trolle mit ihren Aktionen ein gewisses Niveau zeigen. Ob die Wahrheit womöglich in der Mitte liegt, braucht hier nicht erörtert werden. Auf Seiten wie Golem.de hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass man ohne Trolle besser diskutieren kann, sie aber in einem freien Internet als Dauerübel leider hinnehmen muss. Was auch bedeutet, dass dort niemand veröffentlichen kann, der das anders sieht.

Aber die privaten Forentrolle sind Nebbich gegenüber der gespenstischen Tatsache, dass Trollerei und einige ihrer Nebenformen längst professionell eingesetzt werden, um die öffentliche Meinung zu manipulieren, Produkte in den Markt zu drücken, Wahlen zu beeinflussen oder Rekordspenden zu erzielen. Im Gegensatz zum Internettroll, der entweder aus Langeweile oder anderen immateriellen Gründen handelt, verfolgen die dort tätigen Akteure handfeste wirtschaftliche, politische oder militärische Absichten.

Lügen aus Eigennutz

Eine Übertragung von Trollmustern auf diese Bereiche setzt eine Eingrenzung voraus: Unter Trollerei wird deshalb in diesem Beitrag nur das manipulative Täuschen verstanden. Trollerei ist in diesem Sinne alles, was anderen eine falsche Wirklichkeit vorspiegelt, und auch nur dann, wenn es bestimmten, eigennützigen Absichten dient und nicht beispielsweise auf Irrtum oder abweichenden Überzeugungen beruht. Daneben hat sich ein Katalog angeblicher Troll-Merkmale etabliert, der diese Leute in Misskredit bringen soll: vor allem Beleidigen, Lächerlichmachen, Anrempeln und Beschimpfen, Mobben und Dissen, auch das Fluten mit vielen Beiträgen, die eine Diskussion nicht voranbringen, sondern nur stören sollen. Es sind gerade diese Merkmale, die zur Etablierung der „Trollkeule“ geführt haben, denn man kann sie leicht auch denen zuschreiben, deren Meinung einem nicht gefällt oder die man aus anderen Gründen in Misskredit bringen will – auch diese Methode ist eine Form des Trollens.

Fassen wir den Trollbegriff eng, so geht es letztlich um die Inszenierung einer falschen Wirklichkeit, um die unredliche Propagierung von Meinungen und Ansichten, die auf redlichem Wege keine Chance hätten. Der Troll intrigiert, er verschafft seiner Meinung durch falsche Identitäten und frisierte Argumente mehr Gewicht, er fälscht durch seine Beiträge die Stimme des Volks. Gerade das Vortäuschen einer öffentlichen Meinung, die in dieser Stärke nicht real ist, gehört zu den zentralen Werkzeugen des Trolls.

Diese Methode ist keineswegs eine Erfindung unserer Zeit, es finden sich in der Geschichte zahlreiche manipulierte Bürgerbewegungen. Ein gutes Beispiel ist der verdeckte Einfluss der DDR auf die westdeutsche Friedensbewegung. Dort liefen zwar wirklich sehr viele Menschen mit, die aus freien Stücken und voller Überzeugung gegen den NATO-Doppelbeschluss vorgehen wollten. Aber die strategische Steuerung dieses Gesamtprotests wurde weitgehend von Ostberlin aus via DKP durchgeführt. Im Westen sah es eher wie der Aufstand pazifistischer Wutbürger aus, organisiert in bunten linken Gruppen.

Falsche Protestbewegungen

Auch die Novemberpogrome 1938 waren keine spontane Erhebung des Volkszorns, wie man längst weiß, sondern wurden durch die Parteileitung angezettelt. Der gemeinsame Nenner: Stets regiert die manipulative Lüge. Um in der Zeit zu bleiben, kann gleich auch auf den fingierten Überfall auf den Sender Gleiwitz hingewiesen werden, der den Zweiten Weltkrieg auslöste. Bei diesem und den folgenden Beispielen geht es jedoch nicht um die Vortäuschung einer Bürgerbewegung, sondern um die Schaffung öffentlicher Zustimmung zu sehr fragwürdigen Vorhaben. Ähnlich: Die Legende um die Versenkung der Lusitania sowie der Angriff auf Pearl Harbor. Auch die Folgen der Terroranschläge vom 11. September 2001 legen den Schluss nahe, dass die Ereignisse für die Errichtung eines repressiven Überwachungsstaats und Einschränkung der Bürgerrechte instrumentalisiert wurde.

Die US-Angriffe auf den Irak wurde mit dem Besitz von Massenvernichtungswaffen legitimiert, die es dort gar nicht gab. Die Zustimmung der Bevölkerung holte man sich mit Lügengeschichten über Babies, die angeblich von den Irakern aus den Brutkästen geworfen worden waren. Zeitweilig hieß es sogar, man müsse endlich die Frauen vom Schleier befreien. Den tragen sie heute noch, und zwar mittlerweile in halb Europa.

Das Manipulieren des öffentlichen Stimmungsbilds hat längst auch in Bereichen Schule gemacht, in denen es um Umsatzoptimierung geht. Werbeagenturen, die sich mit sozialen Netzen befassen, üben sich sehr schnell auf dieser Klaviatur: So wurde es inzwischen als Geschäftsmodell entdeckt, auf Facebook und anderswo ganze Fangruppen gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen. „Astroturfing“ nennt sich das, und teilweise werden dazu Identitäten eingesetzt, die von vorne bis hinten frei erfunden sind. Zur professionellen Umsetzung und Steuerung gehört der Einsatz einer Persona-Management-Software, die massenweise falsche Cheerleader anmeldet und verwaltet. Auch das hat Tradition, wie ein Blick auf die Geschichte der Clacqueure zeigt, bezahlter Leute, die mit ihrem Applaus andere anstecken sollten. Die Perfidie liegt heute in der Entwicklung von Computerprogrammen, die automatisch Meinungsmehrheiten generieren, ohne dass man dafür echte Leute braucht.

Trau keinem, der dein Freund sein will

Eine andere Variante besteht darin, beispielsweise einem Autohändler viertausend neue Facebook-Freunde zu verkaufen und diese dann via Freundschafts-Einladung aus dem echten Bestand zu rekrutieren. Auch das läuft vollautomatisch ab. Diese falschen Freunde sind für Außenstehende nicht nachprüfbar. Ihre hohe Zahl täuscht ein Maß an Zustimmung vor, das so nicht existiert. Noch eine Variante: Überall im Netz begegnen uns Kundenmeinungen, Rezensionen und Erfahrungsberichte, von denen ein hoher Anteil gefälscht ist. Gelegentlich kann man das am unbeholfenen Deutsch der maschinellen Übersetzung erkennen, oft an Detailfehlern. Auch bei den Ebay-Verkäuferbewertungen wird getrickst: Wer 22.000 positive Bewertungen hat und darunter keine einzige negative, der hat wahrscheinlich bei seinem Großkundenbetreuer einige Streichungen veranlasst.

Selbst die EU-Kommission in Brüssel verfolgt nach Informationen einer bekannten britischen Tageszeitung bereits Pläne, Personen auszubilden, die unliebsame EU-kritische Diskussionen stören oder zumindest beeinflussen sollen. Als „Trollpatrouille“ haben sie die Aufgabe, in Internetdebatten mit unerwünschten und provozierenden politischen Beiträgen einzugreifen. Das sieht dann so aus, wie man Netz-Störer bereits gut kennt: Die Autoren EU-kritischer Beiträge werden verunglimpft und gemobbt, ihre Glaubwürdigkeit herabgesetzt, die ihnen zuteilwerdende Zustimmung zerstreut.

Dadurch soll verhindert werden, dass bei den Wahlen zum EU-Parlament die kritischeren Parteien Zulauf gewinnen. Neben EU-Beamten werden wiederum PR-Agenturen in die Kampagne einbezogen, um skeptische Blogs und Foren zu beobachten.  „Um die Wahrnehmung umzukehren, dass ‚Europa das Problem ist‘, müssen wir die Botschaft senden, dass die Antwort auf die existierenden Herausforderungen ‚mehr Europa‘ und nicht ‚weniger Europa‘ ist“, heißt es in dem Arbeitspapier.

Wenn Werbeleute Demos planen

„Der Begriff Astroturfing, auch Kunstrasenbewegung, bezeichnet – insbesondere im US-amerikanischen Sprachraum – politische Public-Relations- und kommerzielle Werbeprojekte, die darauf abzielen, den Eindruck einer spontanen Graswurzelbewegung vorzutäuschen“, ist auf Wikipedia zu lesen. „Ziel ist es dabei, den Anschein einer unabhängigen öffentlichen Meinungsäußerung über Politiker, politische Gruppen, Produkte, Dienstleistungen, Ereignisse und ähnliches zu erwecken, indem das Verhalten vieler verschiedener und geographisch getrennter Einzelpersonen zentral gesteuert wird.“ Solche Manipulationen tragen natürlich auch dazu bei, dass man echte Bürgerbewegungen kaum noch eindeutig identifizieren kann.

Auch im Spendenwesen wird unter Zuhilfenahme von Täuschungstechniken viel manipuliert. Bei der Hochwasserkatastrophe wurden für die Spendenwerbung teilweise dramatische Bilder eingesetzt, dabei stammten sie aus ganz anderen Regionen, die dann von diesen Spenden gar nichts abbekamen. Plattformen wie Betterplace und Helpedia veröffentlichen nahezu jede eingereichte Spendenaktion, und das eröffnet nicht nur formidable Möglichkeiten zur Geldwäsche, sondern generiert, wenn man es mit falschen Freunden ein bisschen anschiebt, auch richtig viel Zulauf.

Wie in Spendenaufrufen mit Bildern afrikanischer oder asiatischer Kinder getrickst wird, war bereits Gegenstand wissenschaftlicher Arbeiten. Manche Spendeninitiative stellt Kinder aus Entwicklungsländern prinzipiell als traurig, verlassen und tränennass dar, aber wenn man sich Dokumentationen über dieselben Gegenden ansieht, kann man erkennen, dass es auch dort situationsbedingt individuelle Freude geben kann. Tatsächlich, es wird auch gelacht. In den Kanon manipulativer Bilder passt das natürlich nicht hinein.

Vertrauen? Vorsicht!

Das Internet ist ein Teil unseres sozialen Wirkungsfelds geworden. Völlig unterschiedlich sind die dort anzutreffenden Menschen: Viele geben sich als redliche Leute aus und verfolgen üble Ziele mit linken Methoden. Andere setzen eine Trollaktion nach der anderen und führen die Gutgläubigen hinters Licht. Mit welchen Motiven sie das tun, sei dahingestellt. Die Motive der Agenturen, die sich für öffentliche Meinungsbildung bezahlen lassen, sind finanzieller Art. Sie gestalten Umfrageergebnisse durch suggestive Fragen, sie manipulieren Balkendiagramme durch Beschneiden der y-Achse, sie verdrehen selbst wissenschaftlich anmutende Studien so, wie es von ihren Auftraggebern gewünscht wird. Und sie täuschen in sozialen Netzen eine soziale Wirklichkeit vor, die künstlich erschaffen wurde.

Es reicht nicht, diese Leute für die Bösen zu halten und sich selbst auf der vermeintlich richtigen Seite zu wähnen, der Seite des Bürgerprotests. Denn wir alle haben keine Kenntnis darüber, welche Impulsgeber hinter Anonymous, Occupy und ähnlichen Gruppen stehen. Man könnte auch mal überlegen, was es symbolisiert, sich ausgerechnet mit dem Konterfei von Guy Fawkes zu maskieren, einem Terroristen, der aus Glaubensgründen König und (!) Parlament in die Luft jagen wollte. In der Schreibweise „Faux“ bedeutet sein Name „falsch“, und mit „folks“ hat er gar nichts zu tun. Das sind Spielereien, natürlich. Und es geht auch gar nicht darum, ob Sie oder ich die Ziele und Methoden von Anonymous-Gruppen gut finden oder schlecht.

Entscheidend ist, dass sich diese inzwischen sehr schlagkräftige Nötigungsmaschine auch von einer intelligent vorgehenden PR-Agentur oder einem Geheimdienst in Bewegung setzen lässt. Dass unter diesem Label nicht nur gegen Despoten und Internetzensur vorgegangen wird, sondern auch gegen rechtsstaatlich gedeckte Polizeiaktionen, gegen Urheberrechte und Privatunternehmen, kann durchaus auch andere Hintergründe haben, als die Freiheit der kleinen Leute. So wie bei der Protestbewegung zur Verhinderung eines Goldtagebau-Projekts in Roşia Montană, Rumänien. Finanziert und gesteuert wird sie von einem einzigen Mann: George Soros, selbst eine ganz große Nummer im Goldgeschäft. Wem das wohl am Ende nützen wird?

Foto: Fotolia

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