Flüchtlingskrise & Online-Shopping: Der Handel im Wandel
KR Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel der WKÖ, über die größten Herausforderungen für den heimischen Handel.
Die Mucha: Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation des heimischen Handels?
Peter Buchmüller: „Der Handel steht vor den größten Herausforderungen seit der Einführung der Selbstbedienungsläden in den 1960er Jahren. Die digitalen Umwälzungen werden dem Handel zum Teil ein völlig neues Bild verleihen. Ich betone: zum Teil! Ich bin nämlich davon überzeugt, dass der stationäre klassische Handel auch in Zukunft seinen festen Platz in der Wirtschaft und in der Gesellschaft haben wird. Nur muss er im die Online-Zeitalter seine Stärken viel besser sichtbar machen, als das früher der Fall war. Als Spartenobmann vertrete ich sowohl den Online-Bereich als auch den stationären Handel. Es wäre völlig falsch, die einen gegen die anderen auszuspielen. Wir werden beides brauchen. Jede Form des Handels hat ihre Berechtigung und wird das tun, was sie am besten kann.“
Hat die Flüchtlingsproblematik Auswirkungen auf den Handel?
„Es ist zu hoffen, dass eine gute Integration der Flüchtlinge in Österreich gelingt. Dazu gehört nicht nur, dass die Flüchtlinge Deutsch lernen, sondern auch, dass sie eine möglichst gute Ausbildung erhalten, um dann - ich spreche jetzt rein im wirtschaftlichen Sinn - als qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder auch als Unternehmerinnen und Unternehmer zu wertvollen Mitgliedern unserer Gesellschaft zu werden. Der Handel wird Ausbildungsplätze anbieten, da bin ich mir sicher.“
Der heimische Konsum ist im EU-Vergleich schwächer. Warum?
„Ein Grund kann sein, dass sich der Konsum in Österreich in der Krise nicht so stark abgeschwächt hat, wie in anderen Ländern und diese jetzt Aufholbedarf haben. Es wird auch mit dem in Österreich eher schwachen Wirtschaftswachstum zusammenhängen. Jedenfalls sehen wir das nicht sehr gerne. Ich hoffe, dass die Steuerreform sich im ersten Quartal des nächsten Jahres positiv bemerkbar macht.“
Ihre Vorgängerin war der Meinung, dass Internetshops dem stationären Einzelhandel nicht schaden - Ihre Meinung dazu?
„Zunächst einmal müsste man definieren, was unter „Schaden“ zu verstehen ist. Wenn Sie von einer konstanten Kaufkraft ausgehen und die Situation rein österreichisch ohne wirtschaftliche Auslandsbeziehungen betrachten und ein Unternehmer erhöht seinen Umsatz, so bedeutet das, dass ein anderer weniger Umsatz macht. Konsequent weitergedacht, hieße das, jeder Geschäftserfolg des einen „schadet“ dem anderen. Die Wirtschaft wie überhaupt unser Leben funktioniert nur nicht wie im theoretischen Modell, das bestimmte Zusatzfaktoren außer Acht lässt. Erstens ist die Kaufkraft keine vorgegebene unumstößliche Größe (Stichwörter: Sparquote und Sparguthaben), andererseits gibt es eben sehr wohl wirtschaftliche Auslandsbeziehungen. Wichtig ist es daher, nicht wie das Kaninchen vor der Kobra vor Angst zu erstarren, sondern die Chancen zu sehen. Ein zusätzlicher Internetauftritt kann einem stationären Händler helfen, auch auf seine stationären Leistungen aufmerksam zu machen. Wir müssen auch von Klischeevorstellungen wegkommen. Der sogenannte Beratungsdiebstahl, dass also ein Kunde sich stationär informiert und dann online einkauft, ist beispielweise (im Gegensatz zur landläufigen Meinung) keine Einbahnstraße. Der „Gegenverkehr“ ist sogar stärker: Viele Konsumenten informieren sich online und kaufen dann stationär.“
Wie sensibilisieren die WK den Handel, im Internet mit einem Shop aktiv zu werden?
„Wir haben zwei Roadshows durch alle Bundesländer gemacht, wir bieten Beratungen an. Wichtig ist vor allem auch, nicht blauäugig in einem Webshop das Paradies zu sehen. Es gibt rechtliche und faktische „Fallen“, auf die wir Händlerinnen und Händler immer hinweisen, wenn sie sich mit dem Gedanken tragen, ihre Präsenz und ihr Angebot durch einen Zusatz-Webshop zu verbessern. Wir informieren regelmäßig darüber.“
Foto: Fotolia
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