..... Das Verhältnis zwischen Dumpingpreisen und Nettolöhnen"
Unter der Beschwerde gegen KiK habe ich von den Umständen der Produktion von Billigtextilien in Ostasien für den europäischen Discountmarkt geschrieben.
http://www.diemucha.at/index.php?option=com_kunena&Itemid=5&func=view&ca...
(dort auch über die Ausbeutung der deutschen und österreichischen Angestellten von KiK)
Das Problem wurde in den vergangenen Wochen mehrfach in den Medien thematisiert...auch weil es bereits Demos gegeben hat - mit Toten und Verletzten.
Die im Titel erwähnte Sendung berichtete über die Plastikfelder Andalusiens, die PC-Produktion in China und die Textilproduktion in Bangladesch für z.B. Lidl und H&M.
Als Lidl Werbung machte mit angeblich fairen Arbeitsbedingungen in Fernost klagten Verbraucherschützer und es wurde festgestellt, daß bei diesen Preisen in der Realität keine fairen Arbeitsbedingungen möglich sind. Eine Hose zu 7,99, ein Hemd oder T-Shirt um 2,99 aus der Hausmarke "Livergy" (Kampagne "saubere Kleidung"!) werden in Bangladesch produziert. Der Mindestlohn beträgt 16 € im Monat, keine Gewerkschaft. 150 Millionen Menschen leben auf einem Gebiet doppelt so groß wie Bayern. In der Regenzeit stehen 15% des Landes unter Wasser. Die meisten sind unter 30, 60 jährige gelten als steinalt, die meisten sind Analphabeten. 4000 Textilbetriebe konkurrieren um Aufträge.
Als "Geschäftsleute" getarnt dürfen die Journalisten in die Firma. Es ist eng, nur wenige Männer (Vorarbeiter!), kein Platz, laut, heiß, schlechte Luft, veraltete Maschinen. Die jungen Frauen arbeiten ca 10 Stunden, länger als 4-5 Jahre hält das niemand aus. Das Tempo ist hoch, auch nachts wird gearbeitet. Auf 3 Etagen arbeiten täglich 3000 Menschen, bis der Auftrag von Lidl, H&M oder KiK usw erledigt ist. Überstunden sind laut Gesetz "freiwillig", tatsächlich muß jeder zu den 8-10 normalen Arbeitsstunden 5-7 Überstunden machen. Dort arbeiten die Frauen von frühester Jugend an, bis sie nicht mehr können. Das T-Shirt, das für unter 1 Dollar produziert werden muß, kostet z.B. bei H&M 10€ - bei einem Stundenlohn von 10cent. Die Regierung verschlechtert ständig die Bedingungen, Korruption, Lobbyismus. 400 Inspektoren für die gesamte Industrie, alles funktioniert mit gelben Umschlägen. Wenn Arbeiterinnen mit Fremden sprechen schreiben Wächter mit. Die Elendsquartiere sind aus Bambus und Wellblech, ohne Licht, Wasser, WC. Hitze, Gestank, kein Schutz gegen die extremen Temperaturschwankungen, eine Familie mit mehreren Kindern auf einem Zimmer. Moskitonetze sind absoluter Luxus, obwohl die Slums direkt neben einem dreckigen Fluß liegen. Der dortige "Supermarkt" besteht aus einem Raum mit einer Glühbirne, ohne Kühlung.
Lidl startete als Feigenblatt in einigen wenigen ausgewählten Fabriken ein Medizinprojekt, 1x/Monat gibt es kostenlos medizinische Hilfe - Vitaminpillen gegen Unterernährung und Mangelerscheinungen - social washing. Wenn Lidl ordentliche Löhne zahlte und die Lieferantenpreise erhöht würden, bräuchte man keinen caritativen Gesundheitsservice. Lidl findet sich sozial engagiert, verantwortungsbewußt und verweigerte ein Interview.
Bei Almeria in Südspanien wird auf gigantischen plastiküberdachten Feldern auf 40000 ha, entspricht 80000 Fußballplätzen, Billigobst und -gemüse für Discounter produziert. Die Arbeiter sind Tagelöhner, arbeiten auf Abruf, wenn Arbeit anfällt oder auf dem Arbeitsstrich,überwiegend aus Nordafrika und neuerdings aus Osteuropa, v.a. Rumänien, auch ohne Papiere. Kontrollen gibt es keine. Politiker leben abseits der Realität, loben die soziale Kompetenz. Mindestlöhne gibt es nur auf dem Papier. Es gibt keinerlei Sicherheiten. Da man den schmalen Verdienst dringend braucht und eine Entlassung völlig formlos vor sich geht, hat jeder Angst, sich kritisch zu äußern. Von Jahr zu Jahr muß billiger produziert werden, sinken die Löhne. Eine Schicht dauert 10 Stunden, der Verdienst 35€. Allein im Versand arbeiten pro Schicht 1000 Leute im Schichtbetrieb.
400000 kg Gemüse/ Tag werden unter enormem Preisdruck der Einkäufer verschickt, es wird gnadenlos gefeilscht. Die kleinen Betriebe arbeiten oft ohne Verdienst, nur auf Basis der Kostendeckung. Als Beispiel wird der deutsche Discounter "Netto" genannt. Unmut erregen die protzigen Autos der deutschen Einkäufer, die Preise von 40 - 50 cent/Kilo vorgeben. Wegen der Verderblichkeit der Ware sind die Produzenten ihnen ausgeliefert. 40% werden nicht über die Kooperative, sondern über Aktionshäuser verkauft. Für dieses Zocken gab es keine Drehgenehmigung.
Die Arbeiter leben in selbstgezimmerten Hütten oder neben den Feldern, nur mit ausgedienten Plastikplanen über dem Kopf. Wasser und Strom wird von den öffentlichen Leitungen abgezapft. Diese Immigranten in den Elendsquartieren haben keine Zukunft. Die Kunden interessiert nicht, wie und unter welchen Umständen ihre "Lebens"mittel produziert werden. Hauptsache billig! Solange das so ist, sehen Discounter keine Notwendigkeit, ihre Strategie zu ändern. Sie wollen ungestört sein, geben keine Interviews. Die Pressesprecherin beklagt sich, daß man ausgerechnet Netto ausgesucht hat als Beispiel.
Dies betrifft natürlich nicht nur diese Discounter, sondern auch alle anderen und auch die Ableger in Österreich, wie z.B. Hofer (Aldi).
Ein kompletter PC unter 400€ von Aldi werden in China und Taiwan produziert. Vom Staat unterstützte und kontrollierte Sonderwirtschaftszonen beschäftigen in den Hendlbatterien vergleichbaren riesigen Hallen tausende, überwiegend junge Leute an Fließbändern bei miserabler Beleuchtung trotz Millimeterarbeit. Es gibt Tausende solcher Fabriken mit Millionen von Bürgern 2. Klasse. Die Arbeiterinnen kommen vom Land in die Städte, haben kein dauerhaftes Bleiberecht und können jederzeit zurückgeschickt werden. Das Tempo der Fließbänder wird von brutalen Vorarbeitern vorgeschrieben, die an römische Galeerenaufseher erinnern. Journalisten sind nicht willkommen, man gibt sich als Geschäftleute und potentielle Kunden aus. China macht gute Geschäfte mit tausenden solcher Fabriken für den Weltmarkt. Alle großen E-Konzerne haben Büros in Hongkong. Auch Samsung, Parasonic und Apple lassen hier billig produzieren - mit umso höheren Gewinnen.
Gewerkschaften und Streiks sind verboten. Internationale Organisationen für Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung versuchen Aufklärungsarbeit. Man fordert eine bessere Absicherung, Arbeitsverträge, Sozialversicherung, Mutterschutz, Mindestlohn und freie Tage. Auch wenn es theoretische Gesetze gibt werden sie von den Unternehmen ignoriert und der Staat schreitet nicht ein.
Bis 22 Uhr werden elektronische Teile für die "weißen Langnasen" produziert, Eine junge Frau verdient 100 €/Monat, weniger als ein Mittelklassemainboard bei uns kostet. 100 € Monatslohn reichen kaum zum Leben, nur für die dringendsten Bedürfnisse, sie kann Reis immer nur kleinweise kaufen, zu mehr reicht es nicht. Der Gesundheitsschutz ist unzureichend.Die Unterkünfte (Schlafplätze) und Märkte sind auf dem Fabriksgelände, 12 Mädchen wohnen in einem Raum.. Ein Teil des kargen Lohns wird gleich als Miete zurückbehalten. Wie in einer Kaserne sind die Leute unter Aufsicht. Wer hier ist, erfährt nichts von seinen Rechten und kommt nicht auf dumme Gedanken. Bei vielen Aufträgen werden unbezahlte Überstunden erzwungen.
Als die Kantinenpreise erhöht wurden, regte sich so etwas wie Streik - ein friedlicher Spaziergang - zurückgedrängt von Polizei mit Hunden. Kein Streikrecht. Solange wir billige PCs kaufen wollen, hat die chinesische Regierung die Legitimation für solche Zustände.
So bleibt es, solange Diskounter auf dieser Geschäftspraxis bestehen und wir möglichst billig einkaufen wollen. Für unsere "Schnäppchen" müssen andere mit Elend bezahlen.
Kommentare
TK!
Verehrte @Elwedritsche,
falls Sie es noch nicht gemerkt haben so ziemlich alle ernsthaften User verzichten seit weit mehr als einem halben Jahr darauf uralte Postings aus zu graben, es wäre also im Sinn der "neuen Nettiquette" wenn auch Sie darauf verzichten würden...
Mich persönlich würde es freuen, wenn Sie wie vor längerer Zeit sachlich (mit einem Quentchen Ihres erfreulichen Humors) posten würden und so wie viele andere Poster die Vergangenheit einfach ruhen lassen würden.
Ich habe mich des Öfteren für meine "Ausrutscher" (die sicherlich nicht schön waren)vielmals entschuldigt und ich denke, es wäre Zeit Dies auch zu akzeptieren.
mit Sich reden ist nicht gesund
Ziemlicher Unsinn. Woraus schließen Sie das?
@murks
welcher Kristallpalast? Ich war immer Normalverdiener, wie man halt verdient, wenn man was gelernt hat.
Das wußte ich gar nicht mehr, daß ich schon Ähnliches geschrieben habe wie heute...und natürlich gleich von tavor kaputtgehauen, genau wie ich es im heutigen Beitrag geschrieben habe!
Leider ist es auch so, dass echte Provokateure und (Zer)Störer damit rechnen, dass derartige Unterstellungen meistens ziemlich schnell eine kaum aufzuhaltende Eigendynamik bekommen...
Du warst auch nicht gemeint.
Leider fängt's so immer an. Richtigstellungen von Unterstellungen werden nicht akzeptiert - wie immer schon
Diesmal bin ich mir wirklich keiner Schuld bewußt, denn ich habe mich sowohl an die Nettiquette gegenüber allen Usern gehalten, wie auch auch Vorhaltungen aus früherer Zeit verzichtet und werde es auch (so möglich) in Zukunft so halten.
Allerdings behalte ich mir das Recht vor auf Unterstellungen und Provokationen in geeigneter Weise zu reagieren (Späßchen und Scherzchen natürlich ausgenommen).
Wenn sich ein paar noch zusammenreißen und daran denken, daß wir eine Konsumentenseite aufrecht erhalten wollen, tät's funktionieren.
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