Eigentlich wollten wir zum Griensteidl, dann aber sahen wir überraschend bei der U-Bahn-Haltestelle Herrengasse das neue Café Herrenhof, das zu einem Steigenberger Hotel (5 Sterne) gehört. Ich kannte den Namen als historischen Dichtertreff, wußte, daß es vor langer Zeit abgerissen wurde, also war dies eine Zufallsentdeckung. Die Fassade ist so unauffällig grau wie die gegenüberliegende Post, fast abweisend. Daher ist mir das Haus nie aufgefallen.
Innen herrscht edles Grau, sehr elegant, modern aber mit alten Stilelementen gemischt, die alten Luster passen überraschend gut dazu. Der Empfang sehr bemüht, Tür aufhalten, Platz anweisen, Hilfe bei der Wahl des Arrangements: hier im Frühstücksraum gibt es nur das Buffetfrühstück um 28.-€, ein kleines Frühstück, wie ich es wollte, gäbe es nur in der Bar des Hotels. Man könne es hierherbringen. Letztlich machte er aber den Vorschlag, da ich eh nur wenig frühstücken wollte, dies mit einem Buffettfrühstück zu verrechnen.
Das Serviermädchen sprach mich auf englisch an (und komischerweise bin ich gleich darauf eingegangen), wohl weil gerade zahlreiche ausländische Hotelgäste und eine englische Reisegruppe da waren, die sich vor einer Wienrundfahrt stärkten (einige machten sich offen die Wurstsemmeln für's Mittagessen zurecht). Ein vielsprachiges, aber durchaus dezentes Stimmengewirr.
Der bestellte schwarze Tee mit Zitrone erweist sich als Earl Grey. Offenbar ist der Unterschied nicht präsent, zumal man den nicht mit Zitrone trinkt. Er wird aber entschuldigend ausgetauscht. Ein Zitronenausquetscher wäre schön gewesen, Zitronenscheiben lassen sich nur schwer mit den Fingern auspressen bzw man saut sich die Finger ziemlich ein.
Das meterlange Buffet bietet alles, was man sich vorstellen kann, zahlreiche Gebäck- und Brotsorten
(probiert: Sonnenblumenbrot und Kürbiskernweckerl resch und sehr gut), verschiedene Kuchen und süßes Gebäck, Aufstriche, allein 12 offene Marmeladesorten, viele Wurst-, Schinken- und Käsesorten, saures und gebratenes Gemüse, Speck, Eier in diversen Darreichungsformen, kleine Bratwürstel, 10 Säfte und Mineralwasser.
Die breiten Bänke mit vielen Kissen machen das Sitzen bequem. Der Polsterbezug ist fleckig. Was in einem alten Wiener Kaffeehaus zur Atmosphäre gehört, in diesem Ambiente fällt es störend auf.
Vor dem Abgang zum WC findet sich die sehr spärliche Zeitungsablage, nur Standard und Presse, Die Zeit und FAZ sowie zwei englische Qualitätszeitungen. Kaffeehausatmosphäre ist nicht beabsichtigt.
Unten ist es sehr elegant, aber Vorsicht: Spiegelkabinett, 2 richtige "Waschschüssseln" (man sieht rechts und links lange Reihen davon.
Im Vorraum eine kleine Ausstellung, vermutlich Leihgaben der Stadtarchäologie, Nachtgeschirr aus dem 15.-17. Jh und Apothekengeschirr aus dem 16.-18.Jh.
Kommentare
Ich kannte das Griensteidl bisher nur als Kaffeehaus, aber heute habe ich dort vorzüglich gegessen. Dem Wetter angemessen Salat mit Früchten und Huhn. Bei ihm paßte Bier, aber ich will bei der Hitze keinen Alkohol und mir war die Überraschungs- "Hauslimonade" lieber. Sie erwies sich als kalter Pfefferminztee mit Zitrone und Minzeblatt. Sehr erfrischend und als Tip für nach Hause mitgenommen.
Schön, daß du dich wieder traust.